Auf unserer Reise hatten wir in
Mompiche, in Ecuador, Mercedes aus Argentinien kennengelernt. Sie ist 5 Jahre durch
Südamerika gereist, 2 davon auch mit einem Auto. Sie ist vor einem Monat nach
Argentinien zu ihrer Familie zurückgekommen und hat uns eingeladen sie zu
besuchen. So wurden wir mal wieder sehr herzlich empfangen. Mercedes lebt bei
ihrer 80 jährigen Oma in La Plata, eine Stadt 60km entfernt von Buenos Aires. Die
Oma hat sich die Tage rührend um uns gekümmert. Hier sind wir mit ihr zu sehen:
La Plata ist eine komplett
durchgeplante Stadt, alle Strassen verlaufen sehr geordnet. Hier war wohl auch der ein oder andere Freimaurer am Werk ;-). Die Architektur
wirkt sehr europäisch. Hier der Plaza mit der Kirche. Könnte auch irgendwo bei
uns sein, oder?
Bei Mercedes Mutter waren wir
einen Abend zum Milanesa- (Schnitzel) essen eingeladen und anschließend sind
wir alle zusammen zu einer Milonga. Das ist ein Treff, wo Tango getanzt wird.
Alles sehr untouristisch und originell. Kein Eintritt, normale Klamotten und
live Musik gab es auch. Ich habe auch mal Tango getanzt. Ging... der Mann muss
ja führen :-).
Der Tango kommt aus Buenos Aires,
nicht aus Argentinien. In Argentinien gibt es andere Folkloretänze, doch der
Tango ist speziell der Tanz der Porteños, wie die Leute aus Buenos Aires
genannt werden. Hier gibt es an jedem Tag, auch unter der Woche überall
Milongas, also Tanztreffs. Auch auf offener Strasse, auf Plätzen oder in Einkaufspassagen
treffen sich die Leute nach der Arbeit zum tanzen.
Mit der Tante von Mercedes waren
wir einen Tag in der República de los niños. Das ist ein Freizeitpark für
Kinder, der einer Republik nachempfunden ist. Alle wichtigen Institutionen
einer Republik sind in Miniatur nachgebaut. Komplett möbliert, alles in
Kindergröße. Legenden zu folge, hat sich Walt Disney, der Gründer von
Disneyland, von dieser Kinderrepublik inspirieren lassen.
Der Bau des Parks wurde von der Präsidentenfrau
Eva Perón veranlasst, besser bekannt unter dem Namen Evita. Sie und ihr Ehemann
der ehemalige Präsident Juan Perón werden noch heute von vielen Menschen in
Argentinien verehrt. Evita setzte sich besonders für die Armen und die Kinder
Argentiniens ein, setzte das Wahlrecht für Frauen durch und ging hart gegen die
korrupte reiche Elite des Landes vor, was ihr natürlich einige mächtige Feinde
einbrachte.
Ihr Ehemann begründetet eine neue
politische Strömung, den Peronismus, welcher weder der traditionellen Rechten,
noch der Linken zuzuordnen ist. Er suchte einen Mittelweg zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Damit passte er genauso wenig in das „System“
wie Evita und auch er hatte mit so einigen Schikanen zu kämpfen. Zum Beispiel
wurde er von seinen Widersachern als amtierender Präsident sogar inhaftiert,
musste aber schon nach einigen Stunden aufgrund massiver Proteste der
Bevölkerung wieder freigelassen werden. Er war der erste Präsident Argentiniens,
der den Arbeitern Rechte zusprach.
Einen Tag waren wir mit Mercedes
auch in Buenos Aires. Der Plaza de Mayo, um den herum die Regierungsgebäude
stehen, ist der Platz, auf dem Demonstrationen statt finden und auch Festivitäten,
wie das einwöchige Fest zur Unabhängigkeit Argentiniens. Mitten auf dem Platz
steht das Denkmal an diejenigen Frauen, denen während der schrecklichen Jahre
der Militärdiktatur von1976-1983, Babys weggenommen wurden. Diese Babys wurden verkauft an andere
Familien, die Kinder haben wollten, aber aus verschiedenen Gründen keine
hatten. Heute durch die Aufarbeitung dieser schrecklichen Jahre, müssen viele
Kinder im Alter von Steffen feststellen, dass sie eines der damals gestohlenen
Babys waren und in einer Familie aufwuchsen, die nicht die ihre ist. Diese
Frauen haben hier auf dem Platz jeden Tag darauf gewartet ihre Babys
zurückzubekommen, oder eine Antwort darauf, was mit ihnen passiert ist. Deshalb
hier dieses Denkmal.
In den Jahren dieser Militärdiktatur
wurden Menschen massenweise gefoltert und getötet. Viele sind einfach
verschwunden und man weiß bis heute nicht, was mit ihnen passiert ist. Verfolgt
wurde jeder, der "linke" Gedanken hatte. Auch Frauen, Schwangere, junge Menschen,
alte Menschen. Alle wurden sie brutalst gefoltert von Leuten, die zuvor extra
hierfür ausgebildet wurden.
Dieses unbarmherzige Vorgehen
gegen "Linksdenkende" fand damals in Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay, Bolivien und Brasilien gleichzeitig statt und wurde Operation Kondor genannt. Auch die Geheimdienste der Länder Peru, Ecuador und Venezuela waren beteiligt. Diese Operation war von
langer Hand geplant und von den USA unterstützt. Alle Länder haben zuvor spezielle Foltereinheiten
ausgebildet und Geheimgefängnisse errichtet. In Chile haben sie die Menschen in
die Stadien gepfercht, um sie dort zu quälen und anschließend zu töten. Aus fast
jeder Familien sind damals Menschen einfach verschwunden. Von manchen weiß man
heute, wo sie zu Tode gefoltert wurden, andere sind einfach nie wieder
aufgetaucht.
Es gibt Historiker und Schriftsteller
hier im Lande, die der Meinung sind, dass das was gerade in Europa passiert,
genau in diese Richtung geht. Es werden geheime Polizeieinheiten gegründet,
Geheimgefängnisse gebaut... für was das alles?
In Buenos Aires sind wir vom
Plaza de Mayo aus zum Hafen geschlendert. Der wurde vor einigen Jahren schick
renoviert und beherbergt jetzt einige luxuriöse Hotels, Büros und natürlich
Steakhäuser. So wie dieses hier:
Manche mögen die ausgestopfte Kuh
vor dem Restaurant vielleicht makaber finden, aber die Argentinier ernähren
sich nun mal hauptsächlich von Fleisch und hier steht man dazu, dass das nun
mal von Tieren kommt und findet da nichts dabei.
Anschließend sind wir mit dem Bus
zum Caminito La Boca gefahren. Dem historisch wichtigen Hafen, wo damals die ersten europäischen
Siedler ankamen, und wo Buenos Aires sozusagen gegründet wurde. Die ersten
Siedler haben in bunten Wellblechhäusern eng auf eng gewohnt. Diese
Wellblechhäuser stehen dort heute noch zur Touristenattraktion und beherbergen
Suverniershops und Restaurants.
Zum Abschluss unseres Buenos Aires
Besuchs, sind wir noch auf den bekannten Friedhof La Recoleta. Hier sind bekannte und
reiche Persönlichkeiten begraben. Für sie bzw. ihre Familien wurden ganze
Häuschen errichtet. So ist dieser Friedhof wie eine kleine Stadt. In diesen
Häuschen werden die toten im Sarg zunächst unter die Erde gelegt, also alle
Häuschen sind Unterkellert. Nach ein paar Jahren, wenn nur noch die Knochen
übrig sind, werden die Überreste in kleinen Schächtelchen in den Häuschen um
den Altar aufgereiht. Die normalen Bürger von Buenos Aires werden aber ganz
normal begraben, wie bei uns auch. Dieser Friedhof hier und die Bestattungsweise
ist nur was für die Reichen, die natürlich mit der Art des Häuschens und den
aus Stein gehauenen Figuren ihren Wohlstand zeigen.
Interessanterweise, zeigen die
Menschen hier, obwohl sie in der Regel sehr viel Gläubiger sind, als bei uns,
nicht so viel Respekt den Toten gegenüber. So ist auf diesem Friedhof zu
beobachten, wie sich Leute (argentinische Touristen, Ausländische waren nicht
viele dort), auf die Gräber setzten, um sich zu fotografieren... Und auch wir
haben auf dem Friedhof unser Mittagessen zu uns genommen. Hier gab es einfach
bequeme Parkbänke und Mercedes meinte, das sei hier kein Problem...
Wegen unserem Auto haben wir von
Mercedes aus unseren Freund in Chile noch mal angerufen. Der meinte, er könne
uns das Teil für unser Getriebe an sich schicken, das Problem aber seien die
Steuern, die Argentinien dann darauf erhebt. Das wäre sehr teuer. So
entschlossen wir uns, da das Getriebe ja die 900km bis Buenos Aires gut
gelaufen ist, dass wir versuchen die 1400km bis nach Chile auch noch damit zu
fahren. Das Problem war nur, dazu müssen wir noch mal die Anden überqueren,
noch mal auf 3500 Meter hoch und auf 900 wieder runter. Dazu kam noch, dass der
Pass als wir in La Plata ankamen gerade gesperrt war, wegen Schnee und Eis. Der
richtige Winter hier schien begonnen zu haben. Wir wussten nicht, wann der Pass
wieder öffnen würde und fest stand, mit unsrem Getriebe können wir auf alle
Fälle keinen Allrad benutzen, also müssten wir vielleicht noch Schneeketten
kaufen... Wir haben dann den Pass übers Internet im Auge behalten. Nach 2 Tagen
war er wieder offen und mit Schneeketten passierbar. Nach weiteren 3 Tagen
stand nichts mehr von Schneeketten im Internet und für die nächsten Tage war
Sonnenschein gemeldet. So haben wir beschlossen es zu versuchen.
Wir hatten insgesamt eine sehr
entspannt und angenehme Zeit in La Plata mit Mercedes Familie. Wir waren auf
mehreren Milongas und ich habe zweimal Tango getanzt. Sogar Steffen hat sich
begonnen dafür zu interessieren, da der Tango ein sehr langsamer Tanz ist,
meinte er, der könnte ihm vielleicht sogar liegen ;-). Da müssen wir dann wohl noch
einmal zurück kommen, um einen Tanzkurs zu machen und um ganz viel Milanesa und
Assado zu essen ;-).
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