Auf dem Weg zur Grenze ging es
über die argentinische Pampa. Steppe so weit das Auge reicht, und natürlich
umgeben von Schneebergen. Hier ist es auch sehr karg und es wird keine Landwirtschaft
betrieben. Die Gegend erinnert ein bisschen an das Altiplano in Bolivien.
Hier in Mitten der Pampa haben
wir eine eisige Nacht verbracht. Es hat zwar zur Abwechslung mal nicht
geregnet, aber dafür war es umso kälter. Der patgonische Wind hat seinen Rest
dazu getan. Hier haben wir in eisiger Kälte hinten am Auto gekocht und dann
eingemummelt im Auto gegessen. Kalt wars trotzdem...
Wir haben alle Decken, Ponjos und
Klamotten die wir hatten als Zudecken benutzt und dazu noch die Schlafsäcke. Die
Kapuzen der Schlafsäcke mussten wir auch anziehen, denn es war auch auf dem
Kopf schweinekalt. Die Kapuzen wurden zugezogen, so dass nur noch die Nase und
die Augen rausgeschaut haben. Zwischendurch mussten man dann auch die Nase mit
in den Schlafsack stecken, um sie aufzuwärmen. Steffen wurde die ganze Nacht
gar nicht richtig warm und so war er morgens sehr früh schon auf und konnte den
Sonnenaufgang „genießen“.
Meine lange Alpaka Leggings zieh
ich hier inzwischen schon gar nicht mehr aus... Nachts als Schlafanzug und
Tagsüber als lange Unterhose unten drunter :-).
Immer weiter gings durch die
Pampa. Die Landschft wird nach einer Weile auch ganz schön eintönig... Tagsüber
kam dann zum Glück die Sonne raus und es wurde etwas wärmer. Letzter Stopp vor
der Grenze:
In Richtung Grenze zu Chile wurde
die Pampa dann schon durch ein paar Bäumchen und Flüsse unterbrochen.
Etwa 30km vor der Grenze
wechselte die Strasse dann auf Dirtroad. Das soll wohl auch so bleiben durch
ganz Südchile, haben wir gehört. Dort ist die Carretera Austral, die Straße
durch Patagonien bis heute, eine über 1000km lange Dirtroad. Der Hauptverkehr
findet hier per Schiff statt.
An der Grenze angekommen, voller
Vorfreude auf das grüne Chile, konnten wir die Grenze nicht passieren. Die
Argentinier haben uns erklärt, der chilenische Zoll würde streiken und deshalb
könnte niemand die Grenze überqueren. Wie lange der Streik geht, das wisse
keiner, Wochen Monate... wer weiß das schon. Und auch alle Grenzübergänge
weiter südlich seien geschlossen. Nur der Grenzübergang bei Bariloche, über den
wir rein kamen, der sei im Moment noch offen, aber wie lange noch, das könnten
sie uns auch nicht sagen. Wir sollten uns beeilen, dort hin zu fahren.
Die Argentinier an der Grenze
schienen richtig schadenfroh zu sein, dass zur Abwechslung mal der chilenische
Zoll streikt, denn sonst streiken meistens die Argentinier...
Naja wir konnten erstmal nichts
machen und sind zur Tankstelle in Trevellin gefahren, um dort zu übernachten.
Die Tankstellen in Argentinien sind übrigens klasse! Es gibt immer kostenloses
WiFi, heißes Wasser für Mate und Toiletten und oft auch warme Duschen.
Dort an der Tankstelle haben wir
dann versucht übers Internet mehr über diesen Streik herauszufinden. In den
chilenischen Medien wurde das alles nicht ganz so dramatisch dargestellt, wie
von den Argentiniern. Der Zoll streike zwar, aber die meisten Grenzübergänge
seien passierbar. Zwar nur Stundenweise und mit langen Wartezeiten, aber
immerhin passierbar. Es wurde davon ausgegangen, dass der Zoll über das lange
Wochenende streike und am Montag oder Dienstag eine Einigung mit der Regierung
erreicht werden könne. Also keine Rede von einigen Wochen oder gar Monate
langem Streik.
Jedoch war Freitag und wir
wollten auch nicht bis nächste Woche warten... vor allen Dingen, weil es weiter
südlich täglich kälter wird.
Am nächsten Tag, haben wir von
der sehr netten Dame in der Touristeninformation die Auskunft bekommen, dass
sie hier an der Grenze gar niemanden drüber lassen. An dem Grenzübergang 20km
weiter südlich, in Carrenleufú, da dürften Fußgänger und einige Ausnahmen
passieren und wir sollten es doch dort probieren.
Für diese Information hatten wir
aber nun schon den ganzen Tag gewartet und es war zu spät es am selben Tag noch
zu versuchen. Wir sind dann trotzdem noch ins nächste Dörfchen weiter südlich
gefahren und haben dort übernachtet. Eine der schrecklichsten Nächte auf dieser
Reise. Es war Samstag Nacht und die ganze Dorfjugend zog betrunken durchs Dorf.
So ein paar Hanseln haben sich einen Spaß daraus gemacht, um 2 Uhr morgens, wir
haben seelig geschlummert, sich an unser Auto anzuschleichen und dann aus dem
nichts anzufangen zu schreien. Wir sind völlig verschreckt aufgewacht und haben
auch geschrien, was die Übeltäter natürlich umso witziger fanden. Dann war die
seelige Nacht auch vorbei, denn um 4 Uhr frühs, haben sie dann das gleiche noch
mal gemacht...
Naja, am nächsten Morgen sind wir
dann auf zur Grenze, um dort erneut unser Glück zu versuchen. Auf der
argentinische Seite haben sie uns erklärt, es dürften nur Passanten zu Fuß und
Chilenen passieren. Jedoch keine Argentinier und auch keine Touristen. Uns war
klar, da hier immer so eine gewisse Rivalität zwischen den Argentiniern und den
Chilenen besteht, dass die Chilenen natürlich als allerletztes die Argentinier
passieren lassen. Aber wenn Chilenen passieren dürfen, dass dann die Chancen
für uns auch sehr gut stehen, da die Chilenen die Deutschen sehr mögen.
Also haben wir den Argentiniern
verklickert, dass Steffen nun die 1,5 km bis zur Grenze von Chile läuft, um
dort persönlich zu fragen, ob sie eine Ausnahme für uns machen können. Ich
durfte ja Argentinien nicht verlassen, denn sie können mich ja auf keinen Fall
ohne Auto ausreisen lassen, denn ich bin ja die Besitzerin...
Die Argentinier haben uns
ausgelacht und wollten uns einreden, das ganze bringe eh nichts, niemand dürfe
die Grenze passieren, nur Chilenen... Steffen ist trotzdem los. Da haben die Argentinier
erstmal gestaunt, als er losgejoggt ist und übelst schnell war. Keine 10
Minuten sind vergangen, da war er auch schon zurück. Und natürlich dürfen wir
passieren, gar kein Problem, denn wir haben ja ein Rückflugticket von Chile aus
;-). Da haben die Argentinier aber dumm geschaut und waren auch etwa
angesäuert, dass die Deutschen nun
auch passieren dürfen, die Argentinier aber nicht. Und das alles,
nachdem wir schon den Worldcup gewonnen haben, was wir in Argentinien auch bloß
nicht ansprechen dürfen, da das hier ein sehr emotionales Thema ist. Da bekommt
man nur zu hören, dass das ja ein total unfaires Spiel war und Argentinien zu
unrecht verloren hat, weil sie ja eigentlich die Besseren sind...
Naja ich hab den Argentiniern
erklärt, dass wir in Columbien das Sprichwort gelernt haben: „la cara del santo
hace lo milagro“ („Das Gesicht des Heiligen macht das Wunder“) und dass wir auf
der Reise gelernt haben, immer persönlich zu fragen und zu sagen, dass wir Deutsche
sind, denn das öffnet wahrlich Türen, so wie auch jetzt.
Die Argentinier waren so
angepisst, dass sie unser Auto erstmal noch gefilzt haben. Und das obwohl wir
ausreisen wollten! Sie haben alles durchwühlt, wir mussten einige Kisten
ausladen, sogar abgeklopft haben sie unser Auto, ganz schön lächerlich. Auf
unsere Frage, ob sie das nun machen würden, weil wir den Worldcup gewonnen
haben, bekamen wir die Antwort: „Ne, wir machen das nur, weil wir ja sonst
heute nichts zu tun haben... weil die Chilenen streiken“.
Nach etwa zwei Stunden dann
durften wir endlich das Land verlassen. Gefunden haben sie natürlich nichts,
was wir nicht hätten aus Argentinien ausführen dürfen...
Dann an der Grenze nach Chile
gings gerade so weiter. Die Frau vom Zoll, die erst total nett zu Steffen war,
war dann auf einmal der allergrößte Quadratschädel, der uns wohl auf unsrer
Reise begegnet ist. Zuerst wollte sie uns nicht einreisen lassen, denn bei der
Unterhaltung mit dem super netten Polizisten kam heraus, dass wir das Auto ja
in Santiago verkaufen wollen, bevor wir abreisen. Sie meinte, das gehe auf gar
keinen Fall, denn es wäre verboten Autos nach Chile zu importieren und
überhaupt, die einzige Möglichkeit die wir hätten, wäre das Auto mit dem
Flugzeug nach Columbien zurück zu schicken. Na klar, sonst noch was? Wir haben
extra an allen Grenzübergängen bisher nachgefragt und uns wurde immer
versichert, das sollte alles kein Problem sein. Doch diese Dame hier hat darauf
bestanden, dass sie uns mit dem Vorhaben nicht einreisen lassen könne. Der
Polizist hat derweil schon die Augen verdreht und Steffen mit nach draußen
genommen, um ihm dort anzuvertrauen, dass wenn es Probleme gäbe, dann sollten
wir doch das Auto einfach zu einem chilenischen Auto machen (eben das was
eigentlich nicht erlaubt ist), das sei ganz einfach.
Die nette Frau hat uns dann auf
jeden Fall erst einreisen lassen, nachdem ich ihr versichert habe, wir würden
mit den Freunden bis nach Bolivien fahren, dort das Auto verkaufen und ich
würde dann alleine ohne Auto mit dem Bus nach Chile zurück fahren, um nach
Hause zu fliegen. Um sicher zu gehen, dass wir auch ja keine krummen Dinger
drehen, hat sie dann im Computer vermerkt, dass wir nach Bolivien ausreisen
müssten. Ein Glück, war dann beim Verlassen Chiles im Süden, wieder ein sehr
netter Grenzbeamter am Schalter, der sich doch sehr über diesen Vermerk gewundert
hat. Wir haben ihm die ganze Geschichte erklärt, da hat er nur den Kopf
geschüttelt und gemeint „Ach mujeres“ und hat uns einfach ganz normal in
Richtung Argentinien wieder ausreisen lassen, nachdem er uns noch mal
versichert hat, mit unserem Plan das Auto in Santiago an Freunde zu verkaufen,
dürfte es keine Probleme geben.
Aber zurück zur eigentlichen
Geschichte. Die gute Frau hat uns dann letztendlich den Stempel gegeben und hat
dann angefangen unser Auto zu durchsuchen. Aber aufs penibelste! Sie hat
komplett alles durchsucht. Wir mussten alles, aber auch wirklich alles
ausladen. Sogar unsere Lüftungsschlitze im Dach hat sie abgeschraubt, um dort
nach irgendetwas zu suchen. Unsere Schampons und Cremes wurden mehrer Minuten
massiert, um irgendwelche versteckten Sachen darin aufzuspüren. Auch mein
Geldbeutel und mein Fotoapparat wurden gründlichst durchsucht. Das Ganze hat über 5
Stunden gedauert. Auf die Frage, warum das alles, hat sie gemeint, weil das ein
Columbianisches Auto sei. So ein Schwachsinn, wir haben zuvor schon mehrmals
die Grenzen überquert und sind mit Hunden und allem kontrolliert worden. Wie
wenn wir jetzt nach über einem Jahr da noch irgendwas von Kolumbien drin
versteckt haben...
Das allerbeste war, als sie unser
Pfeifchen, ein Geschenk einer Freundin aus Costa Rica, fand. Oh, was wir denn
da drinne rauchen würden. Sie hat das Pfeifchen sofort ganz stolz an den
Polizisten weitergereicht. Der hat sich einen gegrinst, uns ein paar Fragen
dazu gestellt und fertig. Pfeifchen sind ja nichts Illegales. Doch die Dame hat
uns ernsthaft gefragt, ob wir denn Drogen dabei hätten. Steffen hat sie völlig
entgeistert angeschaut und gemeint: „Wir sind Deutsche, nicht dumm!“. Mit
diesem Spruch konnte er ihr doch tatsächlich ein kleines Lächeln entlocken.
Außerdem hat die Zolldame noch
ein paar verbotene Lebensmittel in unserem Gepäck aufgespürt, die sie stolz dem
dafür zuständigen Herrn gezeigt hat. Mais (mein guter Choklo!) und Quinoa.
Damit wusste der zuständige Mann nun gar nichts anzufangen... hatte er noch nie
gesehen und noch nie von gehört. Er hat sich dann erstmal in sein Kämmerchen
zurückgezogen und auf Wikipedia recherchiert, was Qunioa ist. Er kam dann
leider zu dem Schluss, dass das Samen sind und wir sie deshalb nicht einführen
dürfen, obwohl wir den Quinoa in Chile gekauft hatten...
Dann hat er noch gefragt, was das
für Stäbe auf unserem Dach sind. Die Bambusähnlichen Dinger haben wir ja zuvor
extra schwarz angemalt, damit sie nicht so auffallen. Jedoch ist die Farbe
schon überall abgeblättert... Ich hab erklärt, dass das die Stäbe für unsere Plastikplane sind, wenn es regnet... Da ist uns der Polizist gleich zur Hilfe
gesprungen und hat dem Mann gegenüber frech behauptet, das sei Plastik. Ich hab
gedacht ich hör nicht richtig, so eine dreiste Lüge, das hätt ich mich nie
getraut, auch wenn der Mann nicht der hellste zu sein schien. Es war ziemlich
offensichtlich, dass das kein Plastik ist. Überall, wo die Farbe schon
abgeplatzt war, kam die grüne Rinde zum Vorschein und spätestens wenn man es
anfasst ist es klar. Aber ich hab mal den Polizisten lieber auch nicht
berichtigt und hab es dabei belassen. Der Mann hat sich die Stäbe kritisch
angesehen und angefasst... hat aber nichts gesagt. Er hat tatsächlich geglaubt,
das sei Plastik! Das muss man sich mal vorstellen! Und solche Leute lassen sie
da an der Grenze arbeiten!
Nach 5 Stunden war die Prozedur
beendet. Dem Polizisten war es so unangenehm, dass die zwei anderen uns
grundlos so gefilzt haben, dass er uns als kleine Entschuldigung zwei Broschen
von Chile und einen Schlüsselanhänger der chilenischen Grenzpolizei geschenkt
hat.
Wir haben die ganze Prozedur ohne
großes Mosern über uns ergehen lassen, denn immerhin durften wir ja
ausnahmsweise die Grenze passieren. Wir fanden das Ganze auch eher amüsant,
außer dass es uns den ganzen Tag gekostet hat. Hinterher mussten wir aber
sagen, eigentlich hätten wir das filmen sollen und eigentlich hätte man sich
den Namen dieser Frau geben lassen sollen und sich beschweren, denn die kriegt
von Oben garantiert richtig eins auf den Deckel, wenn rauskommt, dass sie
deutsche Touristen so behandelt. Columbianisches Auto hin oder her.
Aber nun waren wir wenigstens in
Chile und konnten weiter Richtung Süden fahren! Davon berichten wir dann aber
beim nächsten Mal.
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